Lipok, Christoph - Mack, Wolfgang
X.Ibis Meisterturnier

[2015.12.29]

[D07]

1.d4 d5 2.c4 Nc6 Es ist immer schwierig, sich auf einen Gegner vorzubereiten, der ein relativ breites Eröffnungsrepertoire unterhält. Ich hatte jedoch Glück, denn ich hatte die Tschigorinverteidigung vermutet und darauf meinen Vorbereitungsschwerpunkt gelegt. 3.Nc3 dxc4 4.Nf3 Nf6 5.Bg5 Bg4? Das wird zwar relativ häufig gespielt, aber der Zug ist einfach nicht gut.

[ 5. ... h6 6.Bh4 a6 7.e4 ist Schwarz eher anzuraten, als die Partiefortsetzung. ]
6.d5 Bxf3 7.exf3 Ne5 8.Qd4 Nd3+ 9.Bxd3 cxd3 10.O-O-O Eine Stellung hatte ich während der Vorbereitung noch flüchtig gestreift hatte. Diese Flüchtigkeit sollte sich schon im nächsten Zug rächen, denn ich hatte gedanklich Lf4/Sb5 Motive im Kopf, die jedoch zu einer zwar ähnlichen, aber eben doch anderen Stellung gehörten. 10. ... h6 Schwarz hat nicht viel Auswahl. 11.Bf4?! gespielt mit den vagen Ideen Le5 (auf g5?), Sb5 (wenn möglich) oder d6 als Antwort auf ...c6.
[ 11.Bxf6! gxf6
[ 11. ... exf6 dürfte gar nicht spielbar sein. 12.Rhe1+ Be7 13.d6 cxd6 14.Nd5 Qc8+ 15.Qc3 Weiß gewinnt den Le7. ]
12.Rxd3! mit der viel konkretern Idee, dass Schwarz kaum kurz rochieren darf, da ihm unter Umständen Dd4-g4, f4(-f5) und Td3-g3 blüht. 12. ... Bg7 13.Re1 O-O 14.Qg4→ ]
11. ... c6 12.d6?!
[ 12.Rxd3! Das hatte ich verworfen, da ich 13.Da4 völlig unterschätzt habe. 12. ... Nxd5 13.Qa4! Qd7 Das war meine Hauptvariante.
[ 13. ... e6 14.Nxd5 erschien mir unspielbar für Schwarz. Erst der PC zeigt, dass es nach dem Zwischenzug ...b5 noch nicht völlig vorbei ist, aber Weiß klar besser steht. 14. ... b5 15.Nf6+ Qxf6 16.Qe4 Rc8 17.Be5 Qg6 18.Qd4 ]
14.Nxd5 cxd5 15.Qxd7+ Kxd7 16.Rxd5+ Wenn man ein bisschen genauer in die Stellung geschaut hätte, würde man erkennen, dass Weiß klar besser steht. 16. ... Kc6 17.Rd3 Ermöglicht Turmschwenks auf der dritten Reihe, während der Th1 dann auf d1 zum Einsatz kommen dürfte. Die viel bessere Entwicklung kompensiert nicht nur die schlechtere Bauernstruktur, sondern gibt Weiß klaren Vorteil. ]
12. ... exd6?!
[ 12. ... Qb6! Diesen Konsolidierungszug sah ich erst, nachdem ich 12.d6 gespielt hatte. Mein Gegner zog glücklicherweise a tempo. 13.Qxb6 axb6 14.dxe7 Bxe7 15.Rhe1 Rd8
[ 15. ... Kf8!? das ist der Vorschlag des PCs, aber nach: 16.Rxd3 Bb4 17.a3 Bxc3 18.bxc3 Kg8 19.Bd6 gefällt mir Weiß etwas besser. Vielleicht kann man hier mit den ungleichen Leichtfiguren sogar mehr kneten als im Endspiel nach 15...Td8. ]
16.Bc7 Rd7 17.Bxb6 O-O 18.Rxe7 Rxe7 19.Bc5 Rd7 20.Bxf8 Kxf8 In dieser Stellung hat Weiß leichten Vorteil, da er den Bauern d3 gewinnen sollte. Allerdings ist der Mehrbauer dann wenig wert und Schwarz hat gute Remischancen. ]
13.Rhe1+ Kd7 14.Qxd3 Verhindert ...d5 wegen Df5# und lässt den Te1 desweiteren noch durch den Td1 gedeckt. 14. ... Kc7 15.Qc4! stellt mit Sb5 eine Drohung auf, die man nicht ignorieren darf. 15. ... a6 16.Qxf7+ Denkbar war es auch mit Db4 oder Le5 den Bauern zu ignorieren. Allerdings war/bin ich der Meinung, dass Weiß durch das Freiräumen des Feldes e6 (für Te6 Motive) einen Tausch des Ta8 gegen den Te1 erreicht. In der Partie meinte ich, dadurch die Bedeutung des schlafenden schwarzen Königsflügels, zu vergrößern. 16. ... Qd7 17.Qb3 Re8 18.Rxe8
[ 18.Ne4!? Nxe4 19.fxe4 Qe6 Das wäre eine denkbare Alternative, die ich als weniger vielversprechend erachtete. 20.Qb4 Rh7 21.Kb1 g5 22.Bg3 Rd7 Weiß hat anhaltenden Druck gegen d6, aber Schwarz hat keine andere nennenswerte Schwäche und ist mittlerweile entwickelt. ]
18. ... Nxe8?!
[ 18. ... Qxe8 19.h4 verhindert zuert einmal ...g5 und ..Lg7... 19. ... Qd7
[ 19. ... Be7 20.Re1 Weiß kann sich viel besser koordinieren, Dc4 oder vor allem Sa4 geben gewisse Chancen in die schwarze Stellung einzudringen. ]
20.g4 Diesen Zug hatte ich nicht auf der Rechnung, aber die Idee des PCs ist ziemlich logisch. 20. ... Be7 21.Bg3 Weiß kann weiter versuchen seine Stellung zu verbessern. Die Idee hinter h4+g4 ist es im geeigneten Moment g5 zu spielen um den Springer f6 zu verjagend. Durch die Kontrolle über das Feld d5 werden vielleicht Motive mit Dc2 und Sd5+ möglich. ]
19.Ne4?!
[ 19.Na4! Dieser Zug ermöglicht direkt Db6, verhindert biss auf weiteres Kc8 und ist daher deutlich besser, als die Idee den Springer ins Zentrum zu stellen. ]
19. ... Qf5 20.Be3? Weiß überschätzt die schwarzen Felderschwächen am Damenflügel. Stattdessenist es ratsam den Bauern d6 weiterhin zu bewachen.
[ 20.Bg3! Be7 21.Rd4 Mit der Idee Td4-b4 ist besser für Weiß. ]
20. ... d5 21.Nc5 Das war die Idee von 20. Le3, aber ich hatte die Stellung falsch eingeschätzt. 21. ... Nd6?
[ 21. ... Bxc5! 22.Bxc5 Kc8 Räumt das Feld für den Springer, der dort sehr wichtige Verteidigungsaufgaben übernimmt. 23.Re1 23. ... Nc7 24.g3 Verfolgt die vagen Idee vielleicht f4+Ld6-e5 spielen zu dürfen. 24. ... Re8 25.Rxe8+ Nxe8 Weiß hat auf jeden Fall keinen Vorteil mehr. Wenn jemand auf Gewinn spielen kann, dann schon eher Schwarz. Allerdings sind beide Könige extrem dauerschachanfällig und die Stellung deshalb im Gleichgewicht. ]
22.Re1+/- Nb5? Schwarz steht schon schwierig, aber das beschleunigt den Untergang.
[ 22. ... Be7 23.g3! mit der Idee Lf4
[ 23.Nxa6+ ist möglich, aber Weiß verliert damit irgendwie den Faden. ]
23. ... Bg5 24.Bxg5 Qxg5+ 25.f4 Qf6 26.Re6 Weiß steht sehr sehr gut. Db4 könnte folgen, dann spielen Sxa6-Motive wieder eine Rolle. ]
23.a4 d4
[ 23. ... Nd6 24.Nxa6+ Auch hier ist das Scheinopfer spielbar, aber nicht der präziseste Weg.
[ 24.Bd4! Mit der Drohung Se6+, gefolgt von Db6. Weiß hat volle Kontrolle über die Stellung, der Angriff müsste entscheidend sein. ]
]
24.Ne6+ Kc8 25.axb5?!
[ 25.Bf4! An das hatte ich während der Partie gar nicht gedacht. Allerdings ist hier bei beiden Spieler der Bedenkzeitvorrat schon ziemlich zusammengeschrumpft, sodass in erster Linie nach pragmatischen Lösungen gefahndet wurde. 25. ... Bd6 26.Bxd6 Nxd6 27.Qb6 Qf7 28.Qxd4 Qd7 29.Qa7+- ]
25. ... dxe3 26.bxc6 bxc6 27.Rxe3
[ 27.Qc4! Qb5 28.Qf4 Qb8 29.Qe4 Qb5 30.fxe3 wäre ein anderer, vielleicht etwas besserer Weg gewesen. ]
27. ... Bd6
[ 27. ... Qb5 28.Nxf8 Qxb3 29.Rxb3 Rxf8 30.Rb6 Weiß hat ausgezeichnete Gewinnchancen. ]
28.Qd1?!
[ 28.Nxg7 Qd5 29.Qxd5 cxd5 30.g3! Deckt beide Schwarze Drohungen. Weiß hat gute Chancen seinen Materialvorteil zu verwerten. ]
28. ... Be5?! Danach hat Weiß leichtes Spiel.
[ 28. ... Qd5!? damit könnte Schwarz wieder Widerstand leisten, wenn auch die Stellung in Zeitnot für ihn sehr schwierig zu spielen ist. 29.Qc2+/- ]
[ 28. ... Bc5 29.Re4 auch hier stehen die Chancen gut, dass sich Weiß durchsetzt. ]
29.Qe2 Qxe6 30.Rxe5 Qa2 31.Qe4 Eine optisch schöne Stellung, denn die zentralisierten weißen Figuren arbeiten, sowohl was Angriff, aber auch Verteidigung angeht sehr ökonomisch. Eine für beide Seiten wohl relativ schwierige und daher auch fehlerhafte Partie. Trotzdem, oder vielleicht auch deswegen, erscheint sie mir als meine interessanteste Partie beim diesjährigen Augsburger Turnier. Nicht zuletzt auch wegen der Schlussstellung, die mich ein wenig an eine Partie Rubinstein - E.Lasker St.Petersburg 1909 errinnert. Dort war, bei gleicher Figurenverteilung, ebenfalls der schwache Königsschutzbauer c6 ausschlaggebend.
1-0

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